Unsere Auszeit nähert sich leider mit großen Schritten dem Ende. Neben dem Besuch von Angkor und ein paar Ausflügen in die Innenstadt von Siam Reap verbringen wir viel Zeit am Pool, aber auch am Laptop. Für die Zeit in Deutschland müssen noch ein paar Dinge organisiert werden. Auch habe ich nach wie vor den Anspruch einen Großteil der Bilder und Videos zu sichten und auszusortieren. Letzteres wird aufgrund der schieren Menge an Material immer unrealistischer. Bei den Videos hänge ich noch in Laos fest.
Die entspannten Tage nutzen wir auch, um ausgiebig mit den Kindern zu spielen. Beide sind zu regelrechten Wasserratten mutiert. Manchmal haben wir Angst das ihnen Schwimmhäute wachsen. Teilweise springen sie sogar noch vor dem Frühstück und immer öfter auch vor dem ins Bett gehen in den Pool vor unserem Zimmer. Speziell Mausepieps orientiert sich stark an den hier lebenden Mädchen und springt ohne Furcht und Schwimmhilfe ins tiefe Wasser hinterher. Sie schafft es manchmal sogar an den Rand zurück zu tauchen. Anfangs ist es vor allem für Tina sehr beängstigend zu zuschauen, schließlich wirkt sie noch so klein. Wir sind aber auch sehr beeindruckt, wie sie es dann tatsächlich schafft und mit jedem Mal besser wird. Trotzdem müssen wir ganz schön aufpassen und so bleibt mindestens einer von uns bei den badenden Mäusen.
Wir nutzen die Zeit auch für Themen wie einen Friseurbesuch für mich, Mausepieps und unseren Großen oder den Kauf der Bustickets nach Bangkok. Unseren Großen zum Friseur zu bekommen, war ein Krampf. Aus uns immer noch unbekannten Gründen, wollte er sich seine Haare nicht schneiden lassen. Unser Kompromiss war schließlich ein „Schneiden der Spitzen“. Zufrieden war er mit dem Ergebnis nicht – zu kurz. Mit Mausepieps war es da einfacher, schließlich will sie immer noch die „Haare wie ihr Bruder“. Somit ließen wir bei ihr vor allem die Frontpartie kürzen, damit die Haare nicht mehr in ihr Gesicht fallen. Der Herrenfriseur wirkte sehr professionell. Ohne viele Worte und mit schnelle Bewegungen fing er an zu schneiden und das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Die Damenfriseurin tat sich etwas schwerer und kämpfte sichtlich. Wir vermuten, dass sie sehr selten kürzere Haare schneidet, schließlich sehen wir nur Mädchen und Frauen mit langen Haaren.
Ich stelle bei solchen Aktivitäten mal wieder fest, wie wahnsinnig gut es tut eine Gegend mit dem eigenen Verkehrsmittel zu erkunden. Mit dem Fahrrad fahre ich zum Friseur, zur Busstation und erkunde die staubigen Pisten rund um unsere Unterkunft. Die Kontraste könnten nicht gravierender sein. Neben sehr einfachen Wellblechhütten stehen chice Häuser mit hohen Zäunen. Der Lebensstandard hier ist offensichtlich sehr niedrig. Es ist unvorstellbar, dass Kambodscha vor dem Indochinakrieg und der Herrschaft der Roten Khmer zu einem der fortschrittlichsten Länder Südostasiens gehörte. Teilweise wurde es auch als die Schweiz Südostasiens bezeichnet. Heute ist es eines der ärmsten Länder, aber auch eines der sich am schnellsten entwickelnden Länder der Welt. Die Freundlichkeit der Menschen litt darunter nicht. Wir haben häufiger das Gefühl, dass es eher die Geschichten aus den Reiseführern und Blogs sind, welche uns zweifeln lassen. Wir haben oft gelesen, dass man betrogen wird. Selbst erlebt haben wir dies nicht ansatzweise! Im Gegenteil, die Leute sind freundlich, hilfsbereit und ehrlich zu uns. Natürlich sind sie auch geschäftstüchtig und jeder versucht einem etwas zu verkaufen. So wird uns, wenn wir aus einem TukTuk aussteigen, direkt eine neue Fahrt von einem anderen Tuktuk-Fahrer angeboten. Dies ist aber bei einem Einkommen von 1.200 USD pro Jahr verständlich. Während wir in anderen Ländern mit dem Trinkgeld eher zurückhaltend waren, sind wir hier wesentlich großzügiger. Ein Haarschnitt hier kostet 2 USD, ein gutes Essen im Restaurant 5 USD und ein Essen auf dem Markt 1,50 USD. Auch wenn die Preise gar nicht so viel günstiger als in Thailand oder Laos sind, hat man das Gefühl die Leute hier benötigen das Geld dringender. Auch wenn Kambodscha eine eigene Währung (Riel) hat, so bezahlt man überall mit US-Dollar. Auch der Geldautomat spuckt nur amerikanische Scheine aus. Da es nur Scheine gibt erhält man das Wechselgeld unter einem Dollar in Riel. Dies kommt aber in diesem „Ein-Dollar-Land“ allerdings selten vor.
Wir haben immer wieder gelesen, dass leider ein Großteil der Tourismuseinnahmen an den Einwohnern vorbei geht. Die Gäste wohnen in großen Hotels und essen auch dort. Diese Hotels wiederum gehören großen Konzernen. Bei unserem Rundgang durch die Stadt entdecken wir zahlreiche solcher Luxustempel. Diese passen irgendwie so gar nicht hierher! Allen Empfehlungen aufgrund der Hygiene zum Trotz, essen wir meist auf dem Markt an kleinen Essensständen. Dies schont unseren Geldbeutel und unterstützt die Leute direkt. Bei unserer Unterkunft haben wie sehr lange mit uns gehadert. Mit Zimmer und Pool sind wie mehr als zufrieden, aber leider liegt die Unterkunft etwas ab vom Schuss. Das Gebiet ist offensichtlich ein Neubaugebiet, welches noch erschlossen ist. Um uns herum ist eigentlich nur braches Land. Viele Straßen bestehen nur aus Staub. Zwar ist es kein Problem mit dem TukTuk in die Stadt zu fahren, aber irgendwie nervt es dennoch wenn man für jede Besorgung ein TukTuk rufen muss. Auch wenn wir uns für 25,-€ die Nacht nicht beschweren können, in der Stadt könnte man sicher noch 10,-€ pro Tag sparen. Nach langem Überlegen kann mich Tina dann doch überzeugen. Die Besitzer sind einfach zu nett und alles passt für uns. Selbst der Baulärm für die Erweiterung stört uns nicht. So verlängern wir kurzentschlossen.
Was wir bis zum Schluss nicht verstehen können, ist der Müll. Die Straßenränder sind voll damit und das obwohl es eine funktionierende Müllabfuhr gibt. Die Menschen leben z.T. im Müll, da sie diesem einfach auf ihrem Grundstück neben dem Haus entsorgen. Wie in den anderen Ländern auch, wird auch hier wird alles in Tüten und Einwegverpackungen gepackt. Noch mehr als sonst schaut man uns entsetzt an, wenn wir „No bag“ oder „No plastic“ wünschen. Es ist sehr schade zu sehen, wie sehr die Landschaft durch den Müll verschandelt wird – von den Auswirkungen für Tiere, Pflanzen und Wasser wollen wir garnicht erst schreiben.
Die vielen bettelnden Kinder, können wir zum Glück in dem uns beschriebenen Ausmaß nicht bestätigen. Wir sehen und treffen diese nur vereinzelt. Allerdings sehen wir sehr viel Kinderarbeit auf den Märkten und bei dem Verkauf von Souvenirs. Die Kinder wirken keineswegs unglücklich, doch arbeiten sie jeden Tag an den Ständen ihrer Eltern mit. Abends sieht man oft auch Kinder in Schuluniform, welche ihren Eltern helfen. Wir rätseln und diskutieren das ein oder andere mal, wie wir damit am Besten umgehen. Wir haben uns entschieden und es versucht, nur an Ständen zu kaufen wo keine Kinder mitarbeiten.
Circus Phare, Tag 153
Die direkten Folgen des jahrelangen Bürgerkrieges sieht man ebenfalls nur noch vereinzelt in Form von Verstümmelten und entstellten Menschen. Vor fast jedem Tempel in Angkor gibt es eine Gruppe von Musikanten. Die Mitglieder sind alle Opfer von Mienen und verdienen nun auf diese Art und Weise ihren Lebensunterhalt. In der Stadt selbst treffen wir auf sehr wenig offensichtliche Kriegsopfer, welche durch Betteln ihr Leben bestreiten. Auch wenn die Anzahl wesentlich höher ist als zum Beispiel in Laos, so sind es deutlich weniger als in den Reiseberichten beschrieben. Die Gründe dafür bleiben uns allerdings verborgen. Geht die Polizei dagegen vor um die Touristen nicht abzuschrecken oder geht es den Menschen hier mittlerweile wirklich etwas besser? Zumindest sehen wir einige Organisationen, welche sich um die Leute kümmern. So gibt es zum Beispiel den Kambodschanischen Zirkus Phare. In diesem spielen zum größten Teil junge Erwachsene, welche aufgrund des Pol Pot Regimes zu Waisen wurden. Wir fanden den artistischen Zirkus wirklich großartig und unterhaltsam. Das aufgeführte Stück „Same same but different“ passte für uns sehr gut. Es handelt von den kulturellen Unterschieden zwischen Einheimischen, fremden Besuchern und Touristen. So ärgern sich zum Beispiel Touristen wenn es regnet. Für die Menschen hier ist es ein Seegen, der nicht selten auch ausgiebig gefeiert wird. Passend zu dem Stück regnete es den ganzen Abend ausgiebig. Dies war der erste richtige Regen seit Januar hier in Siem Reap. Die Menschen, die Tiere und die Natur hatten es bitter nötig!
Auch stellen wir auf unserer Reise immer wieder fest, dass egal wo wir hinkommen die Menschen von extremer Hitze und langen Dürren berichten. Sei es in Malaysia oder hier in Kambodscha, die globale Erwärmung ist Realität und trifft die Menschen besonders hart. Wir als Touristen tragen mit unseren Flugreisen sicher dazu bei. Wie wir unseren langen Flüge dieser Reise wenigstens kompensieren können, müssen wir noch entscheiden.
Phnom Krom, Tag 154
Unseren dritten Angkor Tag verbringen wir mit der Fahrt zum Phnom Krom. Der Tempel liegt südlich von Siem Reap, gehört noch zum Gebiet von Angkor und befindet auf dem einzigen Berg in der Umgebung. Alles was wir bis jetzt von Kambodscha gesehen haben ist flaches Land, Berge scheint es hier nicht zu geben. Für die Fahrt dorthin entscheiden wir uns erst am späten Nachmittag, da Mausepieps mal wieder einen ausgedehnten Mittagsschlaf hält. Auf dem Weg dorthin bereuen wir dies ein wenig. Wir sehen grüne Reisfelder und blühende Lotusblütenfelder. Dieser grüne Kontrast zu der sonst extrem kargen und staubigen Landschaft ist sehr angenehm anzusehen. Wären wir etwas eher gestartet hätten wir hier noch mal stoppen können! So fahren wir nur dran vorbei und müssen die grüne Landschaft in unserem Kopf behalten. Auf dem Weg zu dem 10 Kilometer entfernten Tempel sehen wir schon etwas mehr von dem einfachen Leben der Kambodschaner. Am Phnom Krom angekommen müssen wir diesen erst einmal erklimmen – über eine asphaltierte Straße und Treppen. Oben angekommen erwartet uns ein schöner Ausblick über das sonst so flache Land. Am Horizont können wir den großen Tonlé Sap See erkennen. Er ist der größte See Südostasiens und einer der fischreichsten Seen der Erde. Hier kann man zur Regenzeit ein einmaliges Schauspiel beobachten: Der Toné Sap Fluß ändert dann seine Fließrichtung, weil der Mekong vier mal mehr Wasser als sonst führt und damit den kleineren Fluß „zurückdrängt“. Auch sind die schwimmenden Dörfer auf dem See sehr bekannt. Wir sehen diese nur von der Entfernung. Diese Touristenattraktion hat einen sehr traurigen Hintergrund. Die Leute sind so arm, dass sie sich die Grundsteuer und das Leben an Land nicht leisten können. Der Ruinentempel Phnom Krom beeindruckt uns nicht ganz so, schließlich haben wir schon einige Angkor Tempel gesehen. Aber die Aussicht und die Fahrt machten den Ausflug zu einem tollen Highlight für uns.
Leider haben wir nicht mehr Zeit dieses Land wirklich zu erkunden und dessen Einwohner intensiver kennenzulernen. Siem Reap ist sicherlich keineswegs repräsentativ für ein Land in dem 80% der Bevölkerung von der Landwirtschaft leben. Für uns heißt es nun: Auf nach Bangkok, unserer letzten Station in Südostasien.